über Wasser, Wolken, Stahl und mehr. . .

Die Überführung auf eigenem Kiel 3.Teil

 I) 7.Etappe Zündorf - Neuwied 24.06.2023

Heute stand eine herausfordernde Etappe an, immerhin >70 Rhein-km, d.h. strömungsbereinigt ~120km durchs Wasser. Dieses  immer wieder gehörte: "Der Rhein ist ja sehr anstrengend für das Boot" ist natürlich falsch und spielt sich nur im eigenen Kopf ab, da man die Strömung an jeder Tonne sehen kann. Bei Marschdrehzahl ist es dem Boot völlig egal, ob es mit der Geschwindigkeit von 7,7 km/h im Rhein über Grund bergan fährt oder mit 13,2 km/h durchs Wasser über einen strömungslosen See. Die Drehzahl ist identisch, auch die Kielkühlung hat in beiden Fällen die gleiche Leistung, es rauscht Wasser mit 13,2 km/h am Rumpf / an den Kühlrohren vorbei.

Es wurde also früh aufgebrochen und wir waren um 7:50 Uhr mit dem Auslaufen beschäftigt und zogen bergan Richtung Neuwied.

hier ist keine Fähre zu sehen, obwohl die Karte eine ausweist.

aber bereits hier liegen wir in Lauerstellung und fahren mit leicht erhöhter Drehzahl am Heck der Fähre vorbei.

(Was ich ganz besonders süß finde, ist Donitas Rekation auf kräftiges Gasgeben. Donita bäumt sich immer ein wenig auf (Bug hoch/Heck runter), wenn man aus niedrigen Drehzahlen plötzlich Schub gibt. Das ist dem enormen Drehmoment und den großen Propellern geschuldet. Oft erkennt man bei Verdrängern dieser Größe lediglich eine Zunahme von Drehzahl und Log.)

Ein Walfisch kommt uns entgegen. (Übrigens: Kann mir mal bitte jemand erklären warum die Schiffe der Köln-Düsseldorfer, die ja nach Malta ausgeflaggt sind, dennoch eine deutsch Flagge führen dürfen?)

Das Siebengebirge mit Drachenfels kommt näher...

Königswinter wird passiert.

Remagen kommt in Sicht, hier stand mal eine stark umkämpfte Brücke, die Ludendorff-Brücke.

letztlich zerstört, blieben nur die Brückenköpfe erhalten.

Dieser, auf Remagener Seite (linkes Flussufer), beherbergt ein Friedensmuseum.

Stoisch zieht Donita ihre Bahn, während Stefan regelmäßig den reparierten Getriebeschlauch auf Dichtigkeit überprüft. Jede Kontrolle wird im Logbuch mit i.O. dokumentiert.

In langsamer Fahrt warten wir ab, dass die Fähre den Dicken achtern queren kann, dann gehen wir aus Lauerstellung wieder auf Marschfahrt.

Wir nähern uns Hammerstein. Dort wohnt mein Vater, mit hervorragendem Blick auf den Rhein.

Leider konnte ich ihn nicht erreichen, da er an diesem Tag unterwegs war.

Wir fuhren direkt vor seinem Häuschen vorbei.

Dann passierten wir Andernach und fuhren in Neuwied durchs Nebenwasser an meinem ehemaligen Arbeitgeber Stute (Arcelor) vorbei, in die Marina Neuwied ein. AAktuell kein Webauftrii, soll dann aber hier zu finden sein.

Leider seit dem Verkauf die teuerste Marina, mit 27,50€ kräftig teurer als alle anderen. Eigentlich müsste man sogar im Vergleich 37,50€ nennen, hier sparten wir 10,00€, da wir weder auf dem Boot schliefen, noch irgendwelche Versorgungseinrichtungen nutzten (Landstrom / Sanitär). Dabei nicht mal der attraktivste Hafen. Die nächsten Jahre wird einem zudem eine Großbaustelle das Liegen vermiesen. Zwar eine schöne Steganlage, aber lange und unbequeme Wege zu den Toiletten und Duschen. Über deren Zustand kann ich dagegen nichts sagen, haben wir ja nicht benutzt. Anmeldung mit Geld im Umschlag eingeworfen, dann wurden wir von meinem (lieben) Vermieter und Beate abgeholt.

Endlich sah sie das Boot mal in Natura und schaute sich Bugkabine, Küche, WC, Salon, Schlafsaal und danach dann Oberdeck, Bug, Achterdeck, Gangborde mit Reling genau an. Das ist etwas völlig anderes als Bilder gucken und sie war gespannt, was für ein Boot dann in meinen strengen Augen bestanden hatte und ich dann ausgesucht hatte. Man konnte ihre Begeisterung spüren! Ja, der noch gegenwärtige üble Getriebegeruch vom Vortag fand sie nicht so berückend, aber sie hatte mir 4 mit Katzenstreu gestopfte Socken zum Ölaufsaugen mitgebracht, die dann ordentlich entsorgt werden können. Wir hinterließen das Boot verschlossen am Kopfsteg und fuhren zunächst nach Hause, damit Stefan nach diesem anstrengenden Tag auch noch was vernünftiges in den Magen bekommt. Das Essen wurde schnell geliefert, wir aßen und quatschten, Beate bedankte sich bei Stefan, dass ich nicht alleine auf der letzten Etappe war, dann fuhr ich Stefan zu seinem Auto nach Zündorf zurück. Auch er wollte nach Hause zu seiner Herzdame.


Etmal (gesamt):

GPS-km: 72 (506,5km)

Fluss-/Kanal-km. 71 (516,5km)

Schleusen: 0 (11)

Motorstunden (beide) 8,6 ( 57,5h)





J) 8.Etappe Neuwied - Bad Ems 25.06.2023

Heute fuhren Beate und ich nun das erste Mal alleine mit Donita, unserem neuen "Familienmitglied." Bestes Wetter, (da wußten wir noch nicht, wie heiß es wirklich werden sollte), war eine gute Voraussetzung für den Mix aus Rheinkilometern, 4 Schleusen und ruhiger Lahnfahrt. Um 09:30 Uhr steuerten wir dann auf den Rhein.
Was es alles gibt? Ein gerudertes Kanu!
(Rückwärts fahrende Personen sind mir ja immer irgendwie suspect.)
Weiter auf Koblenz zu man erkennt den Fernsehturm auf dem Kühkopf  und die Seilbahn.
Vom Wasser her ist der Zusammenfluss von Rhein und Mosel ein Ereignis.
Das Denkmal am Deutschen Eck passierten wir wahrlich bei Kaiserwetter.
Dann ließen wir die Festung Ehrenbreitstein im Heckwasser zurück.
Nach dem "reißenden Rhein" bogen wir in die ruhige Lahn ein. Trotz der Höhenangaben von einer Brücke 3,2m (in Ems ebenfalls) brauchten wir das Bimini nicht zu legen, sondern kamen überall ohne zu kratzen durch. Laut Thorsten dem Schleusenwärter der Schleuse Ahl und Hafenmeister des MBC, sind "seine 3,80m" das Niedrigste bis Bad Ems.
Ein Blick noch auf Schloß Stolzenfels, dann kamen wir pünktlich zur Mittagspause vor der Schleuse Lahnstein ( L42m x B 6m, Hub 7,8m) an.
Weiter zu Schleuse Ahl (L34mx B5,3m, Hub 3,0m), an der heute Thorsten keinen Dienst hatte, zwar sah er sich das Boot kurz an, (er wohnt ja im Schleusenhäuschen), gut, dass er frei hat, muss sich ja um sein neu geworbenes Club-Miglied kümmern. ;-)
Ja, an der Lahn ist zwischen den Schleusen nicht viel Strecke, schon waren wir in der Schleuse "Nievern" (L45m x B6,3m, Hub 3,4m).
Die Schleusenkanäle an der Lahn sind ja meist alt, diese alten Mauern sehr schön und teilweise auch mit Blumen bewachsen. Das sind schon recht idyllische Fleckchen.
Vor der Schleuse Bad Ems wurde geradezu tumultartig jeder mögliche Wassersport betrieben, Langsame Fahrt und permanente Bereitschaft zum Aufstoppen verhindern aber weitere Fotos, auch stellte das Handy mehrfach wegen Überhitzung den Dienst ein, obwohl es stets schattig lag.
In Bad Ems angekommen fuhren wir noch ein HOB Manöver (Hut über Bord). Hier konnte Donita zeigen wie wie handlich sich doch zu manövrieren ist. Nach 1 1/2 Drehkreisen lag Beates Hut längseits am Durchgang der Reling und Beate konnte ihn mit dem Bootshaken einfischen. Perfekt!
Da ist er, der neue Liegeplatz der Donita, nach der überaus netten Aufnahme im Motorbootclub Bad Ems e.V., MBC Bad Ems. Ein Ort an dem Donita erst mal verschnaufen darf, (bis die umgeschriebenen Papiere vorliegen).
So richtig genießen konnte Beate die Fahrt gar nicht, dazu war es zu heiß und wie einen die mentalen Belastungen bei einer neuen Arbeitsstelle "dämpfen", muss ich auch nicht weiter vertiefen. Jedenfalls konnte sie "ihre" Badeplattform genießen und wenigstens etwas Abkühlung finden.
Rundum, grün und sehr still, kaum Straßenlärm, was an der Lahn wirklich selten ist!
Hier kann sie jetzt auch erst mal beruhigt die Augen schließen und entspannen. Toll wie sie mich in die Heimat gebracht hat.
Kurz darauf kam unser lieber Thorsten um die Ecke und meinte, wie wir denn jetzt zu meinem Auto zurückkämen. Ich benutzte das Wort "Taxi", das kam aber für ihn gar nicht in Frage, er fragte, wo es stünde und fuhr uns kurzerhand mitsamt einigem Gepack dorthin. Damit hatten wir gar nicht gerechnet, waren darüber aber hocherfreut!

Etmal (gesamt):

GPS-km: 38,8 (545,3km)

Fluss-/Kanal-km. 37,6 (554,1km)

Schleusen: 4 (15)

Motorstunden (beide) 5,5 ( 62,0h)



Noch kurz zu den geloggten Kilometern. Durch das Wasser gefahren sind wir weitaus mehr km, als ausgewiesen. Erstens wurde Manövrieren nicht geloggt, dann auch noch die Strömung. In den Kanälen ist da die Differenz über Grund zu durchs Wasser nicht so entscheidend, das waren in der Regel 1-1,5 km/h, die man mal zuschlagen und mal abziehen müsste. Aber der Rhein ist da schon eine andere Nummer. Fährt man über Grund die ~200 km von Duisburg nach Lahnstein in jedenfalls rund 26 h bei 1.500 U/min, dann beträgt bei durchschnittlicher Strömung von rund 5,5 km/h  die tatsächlich im Wasser zurückgelegte Entfernung ~342 km. D.h. durchs Wasser beträgt die Geschwindigkeit 13,2 km/h (STW) , über Grund (auf der Karte) eben nur 7,7 km/h (SOG).  Damit lag die Strecke, die das Schiff durchs Wasser fahren muss um von Hoya nach Bad Ems nicht tatsächlich bei 545 km sondern eher bei gesamt ~690 km...

Wichtig ist dieser Unterschied vor allem bei der Verbrauchsberechnung. Man täte dem Schiff unrecht, wenn man nur auf der Karte berechnet. Fährt man als Marschfahrt im idealen Verbrauchsfenster aus Drehzahl / Geschwindikeit / Lastzustand ist der Verbrauch für den km im Wasser stets identisch, (viele rechnen hier eben auch einfach mit dem Verbrauch pro Stunde). So hat man auch eine gewisse Kontrolle, ob es dem Antrieb "gut" geht, Will man jedoch den notwendigen Treibstoffbedarf wissen, muss man die Strömung unbedingt einbeziehen, bevor auch da dann besser nochmal eine Sicherheitsreserve zugeschlagen wird.

Das Ausnutzen dieser Zusammenhänge ist auch möglich. Die Fletcher in Stade, bewegte ich auf der Elbe natürlich im günstigen Bereich. Ein Blick auf den Tidenkalender und ich fuhr mit auflaufendem Wasser (Flut) nach Hamburg und kam mit ablaufenden Wasser (Ebbe) wieder zurück. Damit fuhr ich immer mit der Strömung und war wirklich schneller und billiger unterwegs. Apropos Schnell: im Hafengebiet bezieht sich die zulässige Höchstgeschwindigkeit auf "Fahrt durchs Wasser", da kann Ebbe oder Flut durchaus +/-8 km/h "erlaubt" ausmachen (GPS).

K) Epilog

Jetzt wird es auch richtig emotional....

Was soll ich sagen, ein Schiff war immer ein Traum gewesen, schon mit 16 Jahren las ich Skipper und Stander. (Wer die noch kennt...) Auch ein Boot wollte ich gerne haben, bis ich mir dann mit 40 Jahren endlich ein Schlauchboot kaufte, dann die Führerscheine, die Fletcher der noch einige Boote folgten, bis jetzt, ja, jetzt!

Jetzt habe ich ein Boot, ja ein richtiges Schiff. Und ein wunderschönes dazu. Mit eigenem Charakter, keine Serienware, ein Einzelstück mit vielen Details denen man anmerkt, da hat den Erbauer bei den Serienbooten etwas gestört, das wollte er besser machen, individuell. Das perfekte Boot für 2, die aber auch mal 2 Gäste haben können.

Für mich ist es surreal, ich kann das immer noch nicht glauben, wenn ich auf "meiner Donita" sitze und mich umsehe. Jetzt verbindet uns schon das für mich aufregende Abenteuer dieser Überführung, aber so richtig realisiert habe ich es noch nicht.

Nun muss ich an dieser Stelle deutlich darauf hinweisen, ohne meine Freunde wäre es wohl ein Traum geblieben und irgendwann m Pflegeheim hätte ich wohl melancholisch gedacht. "Ach, hättest du damals nur..." Ohne diese Freunde hätte es dann eben doch noch scheitern können und wäre garantiert nicht ein solch tolles Erlebnis geworden. Der Wille ein solches, unbekanntes Schiff Einhand zu überführen wenn alle Stricke reißen, war da, war aber immer die schlechteste Möglichkeit. Ob das mal  ebenso Beulen- und Kratzerfrei abgelaufen wäre?

Wem ginge nicht das Herz auf, wenn man hinterher unter dieser Überführung lesen konnte...

Und von den erfahrenen Hasen konnte ich während der Überführung mehr lernen, (vieles in der Tat, aber auch geschriebenem Wort), als in meiner bisherigen Bootskarriere. All jenen die mir bei diesem Projekt geholfen haben, möchte ich nun an dieser Stelle von ganzem Herzen danken:

Laudationes

Beate

ohne ihre bedingungslose Unterstützung hätte ich das niemals begonnen.

Harry (Mutti)

der mir den Kopf zurecht rückte, sonst hätte ich jetzt einen Dreiradroller....

René

der Hilfe anbietet, bevor man sie überhaupt nötig hat

Volker

der Pragmatiker, der Probleme löst, bevor andere diese überhaupt als Problem erkennen

Tommi

der souveräne Macher, der sogar Lösungen zu Problemen hat, die noch gar nicht existieren

Stefan

der immer einfach hilft, ohne große Worte zu machen

Norman

der in 48h für ein perfektes Sicherheitsgefühl sorgte

Ralf

mein lieber Vermieter, der ein Herz für leicht Verrückte hat

Thorsten

der beste Schleusenwärter / Hafenmeister in Deutschland, der immer ein offenes Ohr hat.

Stefanie

die herzliche Voreignerin, die die Überführung genau verfolgte und uns jede Frage immer schnell beantwortete. Und die dieses Schiff mit Ihrem Mann und soviel Herzblut zum aktuellen Zustand gebracht hat

die Vielen aus dem BF,

und eben last but not least, die, die mit uns mitgefiebert haben, alles verfolgten und sich jederzeit für reale Hilfestellungen bereit gehalten haben, die Zuspruch, gute Tipps aus Ihrer Erfahrung und eben auch Ortskenntnisse mit einbrachten, was alles viel leichter machte. Dieser "Schwarmintelligenz" ist einfach kein Problem gewachsen!

....................................

 ....................................

Der Film: